Sängerbund Riet

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Nach dem deutsch-französischen Krieg 1870-71 entstanden in Deutschland sehr viele Gesangvereine. Als Folge des wirtschaftlichen Aufstiegs entwickelte sich auch das gesellige Leben, das in der damaligen Zeit ohne den Gesang nicht denkbar gewesen wäre. So gründeten auch in Riet einige sangesbegeisterte Männer im Jahre 1874 ihren Sängerbund. Herr Wilhelm Gutscher, 83 Jahre alt, wurde laut Eintrag im Kassenbuch im Jahr 1910 Mitglied des Vereins. Er bekundete:

Meinen Schwiegervater Andreas Dieterle, geboren am 11. Oktober 1845, gestorben am 2. Februar 1926 in Riet, kannte ich seit meiner frühesten Jugend. Bei meinem Eintritt in den Gesangverein »Sängerbund Riet« war er Vorstand des Vereins. Andreas Dieterle hat öfter davon erzählt, dass der Gesangverein Riet im Jahr 1874 gegründet worden und dass er eines der Gründungsmitglieder des Gesangvereins gewesen sei.

Vereinsprotokolle sind aus der Zeit vor 1900 nicht mehr vorhanden. Aus dem Jahre 1906 stammen ein Kassentagebuch und die Statuten. Damals regelten »strenge Vorschriften« das Vereinsleben. So hieß es beispielsweise in

§ 8 Gesangübung
Während derselben hat die größte Ordnung und Stille zu herrschen. Rauchen und trinken ist im Schullokal nicht gestattet. Der Ausschuß hat darüber zu wachen. Wöchentlich finden gewöhnlich zwei Übungen statt, der Dirigent aber auch außerordentliche bestellen kann. Wünsche der Mitglieder sind einem Ausschußmitglied mitzuteilen. Kein Mitglied hat das Recht, den Verein zusammen zu bestellen, ohne vorherige Anfragen beim Dirigenten oder dem Vorstand.

§ 9 Versäumnisse
Das Nichterscheinen in der Gesangprobe entschuldigt nur: Ortsabwesenheit, Krankheit, dringendes Geschäft. Eine Entschuldigung des Abwesenden ist einzureichen. Mehrmaliges Nichterscheinen in einem Vierteljahr schließt aus den Reihen der Sänger aus. Unentschuldigtes Nichterscheinen zieht eine Strafe von 15 Pfennig nach sich. Eine später sich herausstellende unbegründete Entschuldigung die doppelte Strafe. Abgelesen wird durch den Kassier nach Absingen des ersten Liedes. Die Strafbeträge fallen in die Kasse.

§ 11 Ehrengericht
Zur Vermittlung von Streitigkeiten unter Mitgliedern bildet der Ausschuß das Ehrengericht. Wer eine Klage führt, muß sich an den Vorstand, welcher das Ehrengericht beruft und dasselbe leitet, wenden. Kläger und Beklagte sind verpflichtet, vor dem Ehrengericht zu erscheinen, sowie sich dessen Ausspruch unbedingt zu unterwerfen. Das Ehrengericht erkennt auf einseitige und gegenseitige Abbitte und Ausschluß aus dem Sängerbund Riet. Die Wahrung der Bundesinteressen in Streitfällen kann nur durch das Ehrengericht und keinen anderweitigen Gerichtsstand erfolgen.

§ 15
Jedes Mitglied anerkennt die Statuten mit seiner Unterschrift und verpflichtet sich zur Festhaltung derselben durch sein Ehrenwort. Kraft der Unterschrift.

Glücklicherweise ließen sich die Sänger von den strengen Vorschriften nicht abschrecken und der Sängerbund Riet konnte 1999 sein  125-jähriges Bestehen feiern.

1996 haben dann auch die Frauen ihre Stimmen erhoben und einen Frauenchor gegründet. Inzwischen ist ein gemischter Chor entstanden, den zu hören sich immer lohnt!